Kommentar:
"Diese Erklärung von Liebe finde ich schrecklich. Dieses die ganze
Schöpfung tragende Sein so technisch zu verunstalten, bedeutet für
mich bereits Gotteslästerung. Die Liebe ist keine Reaktionskette eines
Systems auf verschiedenen Ebenen und schon gar nicht eine Reaktion wie
andere auch. Nein, Liebe ist die wesentliche Kraft, aus der alles kommt,
der Quell allen Seins und in Jesus Christus ein uns allen erfahrbarer Mensch."
BeiYin: "Dein Einwand
gibt ein anschauliches Beispiel ab für die, normal in jedem Menschen
vorhandene, Tendenz der Selbstbewahrung und für jemanden, der durch
Konzepte, in Deinem Falle christliche, konditioniert ist. Konditionierungen
engen den Blickwinkel ein, verhindern Offenheit und die Möglichkeit
aufzunehmen, zu erfahren und zu erleben. Angenommen wird nur das, was dem
eigenen Konzept entspricht, es somit bestätigt, anderes löst
Widerstand bildende Reaktionen aus. Diese Reaktionen blockieren das Gefühl
und beeinträchtigen das Denken so stark, daß selbst das Aufnehmen
einfachster Informationen verhindert wird. -
Daß dieses so ist, wird
deutlich an Deinem Kommentar. Du hast offensichtlich, nachdem Du meinen
ersten Satz über Liebe aufgenommen hast, eine emotionelle Reaktion
gehabt. Der dadurch entstandene Widerstand hat Dich dann daran gehindert,
weiter zuzuhören bzw. aufzunehmen, sonst hättest Du Deinen vorschnellen
(Kurz-)Schluß überdenken und revidieren müssen.
Da die Menschen nur ein Wort
haben für etwas, was 'zweihundert' verschiedene Seinszustände
umfaßt, ist überreichlich Raum gegeben für Mißverständnisse.
Sich zu verstehen, setzt Sensibitilät und Offenheit voraus und ebenso
die Bereitschaft, verstehen zu wollen. Wer jedoch ein überhöht
geistiges Bild der Liebe im abgeflachten Hinterkopf hat, wird kaum in der
Lage sein, zu lieben und schon gar nicht, wenn es darauf ankommt, Bezug
zu nehmen zu einer Wahrheit, welche die eigene (lausige und krampfhaft
behütete) Persönlichkeit antasten könnte. An dem Beispiel
des Christen wird deutlich, daß Konzepte den Bezug zum Sein beeinträchtigen,
wenn nicht gar völlig verhindern. Je stärker die Identifikation
mit dem Konzept, um so stärker sind die ausgelösten Reaktionen,
welche im Kampf um die Selbstbehauptung entstehen. Im gleichen Maße
verhindert es das Sehen über die eigene Nasenspitze hinaus. Bezugnahme
setzt als erstes die Erkenntnis der eigenen Engstirnigkeit voraus!
Der Dogmatiker macht
es sich einfach: Er verdammt, was er in seiner vollständigen Aussage
gar nicht zur Kenntnis genommen hat. Vorschnell schiebst er mich in eine
entsprechende Schublade ab und der Stempel 'Gotteslästerung'
erledigt die Angelegenheit. Da es nicht möglich ist, mich und meine
Aussagen zu eliminieren, (wie seine christlichen Vorgänger es getan
hätten) ignoriert er alles Weitere... Wir sollten bei diesem Beispiel
nicht vergessen, daß so ein engstirniger Dogmatiker in der einen
oder anderen, mehr oder weniger intensiven Weise, in jedem Menschen vorhanden
ist!
Das sind Themen, welche hohe
Gefühlswogen hervorrufen, in erster Linie deshalb, weil es das eigene
Konzept und die Persönlichkeit zu verteidigen gilt... Für denjenigen,
dem keine intellektuellen Verteidigungsargumente zur Verfügung stehen,
bleibt die einfache Möglichkeit der wunderbarenTaste 'del'
und sich dann so zu verhalten, als sei nichts gewesen. Totschweigen ist
schon immer eine bewährte Waffe gewesen! Gibt es darüber hinaus
evtl. Menschen, die sachlich Stellung nehmen und ihre eigene Persönlichkeit,
zumindest für den Moment, mal zur Seite stellen können?"
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