Frage:
"Seit Jahren versuche ich herauszufinden, wer ich wirklich bin. Ich bin
so weit, daß ich weiß, wer und was ich nicht bin. Aber wer
ich bin, weiß ich immer noch nicht. Ich komme mit meinem Verstand
bis zu einem bestimmten Punkt, dann stoße ich wie an eine Mauer und
komme nicht weiter. Je mehr ich mich anstrenge, um so vergeblicher ist
mein Bemühen. Wie kann ich diese Mauer überwinden?"
BeiYin:
"Die Mauer entsteht
durch die Identifikation mit dem Verstand. Der Verstand ist die Mauer.
Dein Bemühen kommt aus Deiner Persönlichkeit, die der Illusion
erlegen ist, an ein bestimmtes Ziel gelangen zu wollen und auf dem Weg
dahin Hindernisse überwinden zu müssen. Darin besteht die Mauer.
Dein Verstand ist ein Werkzeug, wenn es zum Selbstzweck wird, trennt es
Dich von Dir selbst ab. Wahrnehmung ist nicht an
den Verstand gebunden, das Wahrgenommene kann im Verstand reflektiert werden,
das ist Teil eines Erkenntnisvorganges. Üblicherweise besteht sowohl
Identifikation mit dem Wahrgenommenen, als auch mit der Widerspiegelung
dessen im Verstand. Die Persönlichkeit erhält dadurch ihr Ichgefühl,
das macht die Persönlichkeit im Allgemeinen aus. Dadurch ist sie an
Äußerliches verhaftet und ebenfalls an den Verstand, und auf
die gleiche Weise an das Gefühl und den Körper. Du bist des alten
Spiels der Identifikationen und Abhängigkeiten müde und möchtest
diese Illusionen überwinden. Dies ist ein Schritt hin zur Selbsterkenntnis.
Dazu brauchst Du nicht zu kämpfen und mußt nichts überwinden,
die Ganzheit Deiner Existenz wird sich Dir von selbst erschließen,
wenn Du die bisherigen, gezielten Anstrengungen aufgibst. GANZHEIT ist
mehr als Inhalte. - Du bist weit mehr als das, was Dir von Dir selbst bekannt
ist. Vorerst erkenne die Realität, die sich in jedem Moment als Gegebenheit
zeigt, in Deinem Umfeld und in Deiner Bezugnahme dazu."
Frage: "Können
Psychotherapien dabei helfen?"
BeiYin: "Alles kann
helfen, es kommt allein auf Deine Einstellung dabei an. Alles kann ebenso
dazu dienen, Dich in der Illusion festzuhalten, Psychotherapien sind davon
nicht ausgenommen. Das gutwilliges Bemühen des Therapeuten allein
kann nicht verhindern, daß er selbst im Spiel befangen ist. Sein
Wunsch zu helfen, mag aus dem Drang kommen, seine eigene Befreiung realisieren
zu wollen. Es liegt nahe, daß die Beteiligten sich im Rollenspiel
Therapeut-Klient verlieren und in Abhängigkeit zu einander geraten.
Oder bei Gruppentherapien sich im Therapiespiel verlieren. Dieses sind
Phasen, die im Verlauf des therapeutischen Prozesses erkannt werden sollten."
zum nächsten
Kapitel | Inhaltsangabe |