Frage: "Brauche ich
einen Meister?"
BeiYin: "Du kannst nur
das außen sehen, was Du selbst bist, d.h., was Du reflektierst. Üblicherweise
projizierst Du nach außen und hältst dann äußere
Erscheinungen für objektiv und real - und von Dir selbst getrennt.
Jedoch siehst Du nur das, was Du sehen willst; das, was Dir entspricht,
was Deinem Vorstellungsbild von Dir selbst und der Welt entspricht. Wenn
bei Dir die innere Bereitschaft besteht, einen 'Meister' zu sehen,
dann kannst Du ihn in allem sehen, weil Du ihn in alles hineinprojizieren
kannst. Oder aber: Was Dir entgegentritt, ist Dein Meister. Alles
kann Dich lehren, Du kannst aus allem lernen, - es kommt allein
auf Deine Einstellung an.
Wenn Du etwas nach außen
projizierst, was Du eigentlich selbst bist, erliegst Du einer Illusion
und hast eine Spaltung zu Dir selbst geschaffen. Für dieses Spiel
brauchst Du keinen wirklichen Meister. Es ist Dir egal wer ich bin, wenn
Du mich nur benutzen kannst. Oder anders ausgedrückt: Du siehst nur
das, was Du aufgrund Deiner Struktur bzw. Programmierung sehen kannst.
Gehört zu deiner Wunschvorstellung ein 'Meister', dann wirst
Du auch einen finden und selbst dann, wenn 'außen' kein wirklicher
da ist. Es wird sich mit Sicherheit einer finden, der diese Rolle ausfüllt,
weil für Dich die Notwendigkeit besteht, Deinen 'inneren Meister'
außen
zu sehen. Wenn Du also Ersatz gefunden hast, kann es sehr leicht geschehen,
daß Du, wegen Deiner daraufhin auftretenden außerordentlichen
Erfahrungen, an dieser Figur hängen bleibst, - in Abhängigkeit
gerätst. Ein wirklicher Meister kann nur von einem Meister erkannt
werden, für andere bleibt er unsichtbar."
Frage: "Ist das alles
nicht recht widersprüchlich?"
BeiYin: "So widersprüchlich
wie es dem momentanen Bewußtseinszustand der Menschheit dieses Planeten
entspricht, - der Welt unerwachter Menschen.
Ein wirklicher Meister ist
real. Du kannst ihn jedoch nicht wahrnehmen. Es ist möglich, daß
er für Dich zum 'Stein des Anstoßes' wird, über
welchen Du stolperst, wobei Du gelegentlich auf die Nase fällst. Möglich,
daß Du davon aufwachst. Es ist ebensogut möglich, daß
Du irritiert wirst und Dein Verteidigungssystem in Aufruhr gerät und
Du dementsprechend reagierst. Das wäre die Gelegenheit, Deine eigenen
Hintergründe aufzudecken und Deine Struktur wahrzunehmen. Somit zu
erkennen, wer Du bist und warum Du so bist. Die Hilfe, die Du brauchst,
findest Du überreichlich in den Gegebenheiten Deines Lebens, Deiner
täglichen Umgebung. Du braucht dazu keine davon losgelöste, spezielle
Person. Wenn Du Dir durch eine derartige Person helfen läßt
herauszufinden, wer Du bist, gerätst Du allzu leicht in Abhängigkeit.
Du kannst es allein herausfinden. Du bist bereits auf dem Weg dazu, also
näherst Du Dich Deinem eigenen Meister. Allerdings, wenn Du Dich jetzt
als Meister fühlst, indem Du Dich mit mir oder einem imaginären
Bild identifizierst, schaffst Du eine Illusion und Du bläst Dein Selbstgefühl
damit auf. Das könnte die Seifenblase Deiner Persönlichkeit zum
Platzen bringen. In dieser Situation stehen jetzt viele Menschen, die feststellen,
daß ihr Leben eine Konstruktion aus Illusionen ist, welche wie ein
Kartenhaus zusammen zu brechen droht. Das zwangsläufige Beenden der
Illusionen führt in eine mehr oder weniger tiefe Depression. Der Mensch
ist am Ende einer Sackgasse angelangt, nach einem langen Weg aus vielen
Enttäuschungen. Das könnte zu einer überraschenden Entdeckung
seiner selbst führen und zu einem kreativen Neubeginn, wenn der- oder
diejenige einen Schritt über sich selbst hinaus vollziehen würde,
also durch Selbstbesinnung und Selbsterkenntnis zur Aufgabe von Identifikationen
und sonstigen Persönlichkeitsspielen gelangt.
Bisher ist es dazu fast nie
gekommen, weil immer wieder zu einem neuen Spiel gegriffen wurde. Auch
eine der letzten Trumpfkarten, sich bei einem 'Guru' oder 'Meister'
einzuklinken, ist ausgespielt; auch die Drogen sind ausgereizt. Wer das
Spiel bis hierher durchlebt hat, steht vor der Wahl: entweder über
den eigenen Schatten zu springen oder zurück ins Dunkle zu fallen."
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